Projektstruktur
Das Projekt basiert auf einer inter- und auch transdisziplinär ausgerichteten Herangehensweise, die von einer Methodentriangulation geprägt ist.
Arbeitspakete
AP 1: Bestandsaufnahme der Einträge in die Entwässerungssysteme
Ziel dieses ersten AP ist die Ermittlung des Status quo von Kunststoffeinträgen in die Entwässerungssysteme in den vier Modellgemeinden. Hierzu erfolgt eine umfassende Ermittlung der Art und der Menge von Kunststoffprodukten sowie deren Quellen aus den Bereichen Haushalt, Industrie, Verkehr und sonstigen weiteren Aktivitäten, die in Verbindung mit der Schmutzwassersammlung und der Entwässerung befestigter Flächen stehen. Hierbei werden in vier unterschiedlich großen Kommunen der Städteregion Aachen (Aachen, Stolberg, Simmerath und Roetgen) über ein Jahr hinweg regelmäßig mittels Sortieranalysen in Kläranlagen sowie mittels Produktanalysen die in die Entwässerungssysteme eingetragenen Kunststoffmengen und Produktarten erfasst. Die Erfassung der Kunststoffeinträge erfolgt durch Probenahmen in den ausgehenden Stoffströmen der Kläranlagen (Rechengut, Sandfanggut, Klärschlamm bzw. Faulschlamm und gereinigtes Abwasser). Der Eintrag in die Kläranlagen wird auf Basis der ausgehenden Stoffströme bilanziert.
Ebenso werden bei jeweils ca. 10 festgelegten Referenzstraßen unterschiedlicher Nutzungsart in den vier Modellgemeinden die Einträge in die Straßenentwässerung erfasst. Ein besonderer Fokus liegt zudem auf Straßen mit anliegenden Unternehmen der Kunststoffindustrie sowie Kunststoffpellets anwendenden Unternehmen wie beispielsweise Radreinigungsfirmen. Das betrachtete Größenspektrum der Kunststoffpartikel beschränkt sich in diesem Projekt auf Partikel > 1mm.
AP 2: Entwicklung eines (vorläufigen) Konzepts der multikriteriellen verhaltensorientierten Instrumentierung
Im AP 2 erfolgt eine systematische Identifikation möglicher relevanter Verhaltenseffekte bei der Nutzung von Kunststoffen.
Hierzu wird zwischen dem Verhalten der Haushalte und der Unternehmen (Hersteller, Nutzer und kommunale Abwasserbetriebe) differenziert und es werden zwei unterschiedliche Akteurskonzepte entwickelt. Auf deren Basis soll – jeweils getrennt nach Haushalten und Unternehmen – geprüft werden, wie Entscheidungsprozesse hin zu einer veränderten Nutzung von und einem veränderten Umgang mit Kunststoffen potenziell motiviert werden können.
Parallel hierzu werden die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene analysiert und auf mögliche Defizite, Hemmnisse und Entwicklungspotenziale hinsichtlich der relevanten Akteursgruppen (Verbraucher, Unternehmen und auch Abwasserbehandlungsanlagen) untersucht und systematisiert.
In einem zweiten Schritt werden die verhaltensökonomischen Analysen und die Ergebnisse der rechtlichen Prüfung verknüpft und Ansatzpunkte für die Ableitung von Maßnahmen und Instrumenten entwickelt. Auch hierbei wird nach Verbrauchern und Unternehmen differenziert. Anschließend erfolgt eine Wirkungsabschätzung in Bezug auf ökologische, gesellschaftliche, technische, rechtliche und ökonomische Umsetzbarkeit. Schließlich münden die Untersuchungen in ein vorläufiges Konzept der multikriteriellen verhaltensorientierten Instrumentierung (MKVI-Konzept), welches über eine Matrix die verhaltensökonomische, die rechtliche Perspektive und die technische Perspektive (zumindest in Bezug auf Abwasseranlagen) mit der Wirkungsabschätzung verknüpft.
AP 3: Empirische Analysen der Erfolgs- und Hemmnisfaktoren
In AP 3 erfolgt die empirische Ermittlung der Erfolgs- und Hemmnisfaktoren von Instrumenten zur Reduktion des Kunststoffeintrags über die Entwässerungssysteme auf Basis des MKVI-Konzepts aus einer verhaltensorientierten Perspektive.
Hierbei kommt eine Methodentriangulation zum Einsatz: Halbstrukturierte, leitfadengestützte Tiefeninterviews werden ebenso durchgeführt wie, im Falle der Haushalte, eine telefonische Befragung und im Falle von Haushalten und Unternehmen jeweils ein Feldexperiment.
AP 4: Stoffstrommodelle der Kunststoffeinträge in Kanalnetze und Kläranlagen
Auf der Datenbasis aus den APs 1 und 3 werden für die vier Modellgemeinden Stoffstrommodelle zum Eintrag von Makro- und Mikrokunststoffen aus den ermittelten Quellen in die Entwässerungssysteme erstellt.
Die Modelle bestehen aus dem Eintrag der Haushalte mittels der quantitativen Erfassungen in den Kläranlagen und dem Eintrag über die Verkehrswege, über die auch der Eintrag der Unternehmen erfolgt. Sie differenzieren einzelne Stoffströme nach den ermittelten Produktarten. Der Eintrag in die Fließgewässer wird nach den direkten Einträgen von Verkehrswegen über Regenwasserkanäle und den Einträgen aus der Abwasserbehandlung in den Kläranlagen differenziert.
Anhand der Modellergebnisse werden die Quellen und Produktarten analysiert und im Hinblick auf die jeweilige Relevanz für den Kunststoffeintrag bewertet. Die Daten der einzelnen Modelle auf Ebene der Kommunen werden dann in einem allgemeinen Modell auf die Bundesrepublik hochgerechnet. Grundlage für die Hochskalierungen auf Bundesebene bilden die bundesweit behandelten Abwassermengen für die Haushalte und die Niederschlagsereignisse für die Verkehrswege.
AP 5: Konzeption und Programmierung eines akteursbasierten Computer-Modells sowie Simulationen von der Entwicklung der Stoffströme
Parallel zu den APs 1-4 erfolgt die Konzeption und Entwicklung der Multi-Agenten-Systeme, welche die Akteursgruppen Haushalte und Unternehmen erfassen. Hierbei bilden die Multi-Agenten-Systeme akteursbezogene Entscheidungsvorgänge und Determinanten der Kunststoffnutzung ab.
Dies erfolgt unter Berücksichtigung der in AP 3 erzielten Ergebnisse. Auf diese Weise können dann unterschiedliche Szenarien berechnet und bewertet werden. Gegenstand der Szenarienanalysen sind unterschiedliche regulative und verhaltensbezogene Instrumente und die hieraus resultierenden stofflich-ökologischen und ökonomischen Implikationen. Hierbei werden insbesondere die mengenmäßigen Veränderungen der Stoff- bzw. Produktnutzung und die resultierenden individuellen und gesellschaftlichen Kosten berücksichtigt. Hierunter sind insbesondere Kosten zur Vermeidung der Einträge von Haushalten und Unternehmen, aber auch der öffentlichen Hand zu verstehen (z.B. durch erforderliche technologische Umgestaltungen in Folge regulativer Veränderungen).
AP 6: Finalisierung des multikriteriellen Konzepts der verhaltensbasierten Instrumentierung
Zur Konkretisierung des vorläufigen MKVI-Konzepts erfolgt in einem ersten Schritt die Vertiefung der rechtlichen Analyse, indem Handlungsansätze und Instrumente einer rechtlichen Analyse und Bewertung zugeführt werden. Dabei soll abgeschätzt werden, wie die identifizierten Instrumente und Maßnahmen in der Praxis wirken könnten, welchen Kontroll- und Vollzugsaufwand sie unter Umständen für Behörden hervorrufen, ob sie in bestimmten Bereichen kombiniert werden können und welche mittel- und langfristigen Wirkungen von den Regulierungen ausgehen könnten. Herauszuarbeiten gilt es ferner, ob die rechtlichen Maßnahmen und Instrumente auf nationaler Ebene ergriffen werden können oder doch an den europäischen Gesetzgeber zu adressieren sind.
AP 7: Erarbeitung von Vorschlägen für die Praxis
Im AP 7 sollen die Projektergebnisse für die politik-praktische Umsetzung aufbereitet werden. Hierfür werden Handlungsempfehlungen in Form von Policy Briefs zusammengefasst, die unterschiedlichen Akteuren eine Unterstützung bei der Umsetzung der erarbeiteten Instrumentenbündel bieten sollen. Es werden sowohl die Bundes-, Landes- und Kommunalebene (Gesetzgeber und Behörden) sowie Verbraucherverbände und NGOs angesprochen als auch Unternehmen und Verbände der Kunststoffindustrie, um die konkrete Umsetzung der Maßnahmen in die Praxis zu erleichtern. Dieses Vorgehen basiert auf dem angepassten MKVI-Konzept, dessen einzelne Elemente für die jeweiligen Adressaten aufbereitet werden. Kern eines jeden Policy Briefs ist eine übersichtliche Entscheidungsmatrix, die jeweils die Umsetzung von Maßnahmen erleichtern soll.
Aus rechtlicher Sicht werden konkrete Formulierungsvorschläge für den nationalen Gesetzgeber erarbeitet, deren Wirkung sowohl rechtlich als auch verhaltensökonomisch abgeschätzt wird. Zugleich werden Maßnahmen konkretisiert, die die Bundesregierung auf europäischer Ebene in den Rechtsetzungsprozess einbringen kann.